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HEIMWEHKRANKE KÄNGURUHS
Die nächste Ausgabe führt zu einem Mann mit einem grossen Hut. Dieser entpuppt sich als Hypnotiseur
und bringt je einen Teilnehmer aus jeder Mannschaft, daß er sich für ein heimwehkrankes Känguruh hält.
In naheliegenden Reisebüro wartet bereits ein Sonderschalter Australien darauf, daß die Känguruhs hereingehüpft
kommen und ein Flugticket kaufen wollen, oder besser gleich drei Tickets,
denn die Neffen des Känguruhs sind schliesslich auch Känguruhs.
Ein ausführlichen Bericht befindet sich unten auf dieser Seite.
Gast einer Rundfunksendung des 3. Programms des Entenhausener Rundfunks
"Mit dem Bürger auf du und du!" war kürzlich der weltberühmte Hypnotiseur
Professor Pankranz Piepenström. Wer kennt ihn nicht in seinem bekannten
Habitus, seinem eleganten Gehrock und dem gepflegten Zylinderhut?
Der Professor wendete seine hypnotischen Kräfte während der mehrstündigen
Übertragung sechs Freiwilligen zu, um diese nicht etwa in Hunde, Affen oder
grunzende Warzenschweine, sondern in totentraurige Känguruhs fern der
Heimat zu verwandeln.
Die mediale Veranlagung der Probanden wies eine große Bandbreite auf, doch
das konzentrische Vorgehen des erfahrenen Suggestivkünstlers hat bisher
noch niemand unbeeindruckt gelassen.
So konnten die Zuschauer zwar erleben, wie sich der Inhaber eines
unbeschrifteten Briefkastens im Weser-Ems-Gebiet noch unter Hypnose
hartnäckig weigerte, seine Siebensachen aus der Hand zu legen, wiederholt
kundtat, keinen auch nur andeutungsweisen Hops tun zu wollen, und nur unter
lautem Zurufen des Rundfunk-Moderators zu bewegen war, schließlich den Weg
gen Westen einzuschlagen, obwohl Professor Piepenström sichtlich sein
Bestes tat, das Gesetz der Trägheit zu überwinden. Doch auch dieser Mann
kam letztendlich wie beabsichtigt zu seinem Fahrschein. Zack!
Demgegenüber bewies z.B. ein Kandidat aus, äh, egal, dessen Name dem
Berichterstatter im Moment auch nicht mehr gegenwärtig ist, enorme
Schwuppdizität, und legte den Weg zum Ticketerwerb und vom Reisebüro zurück
mit eleganten Sprüngen über die Köpfe der erstaunten Braunschweiger
Passanten zurück, ohne nach seiner Rückkehr erkennbar außer Atem geraten zu
sein. Der Kommentar des Moderators konnte mit diesem beeindruckenden Tempo
nicht Schritt halten.
Auch nicht unerwähnt bleiben sollte, dass ein Hamburger
Braunschweig-Tourist durch eine schwere Kriegsverletzung gehandicapt
(diverse unterschiedlich große Granatsplitter in beiden Knien) nur schwer
ächzend in die Gänge kam und - wie auch manch anderer Teilnehmer - unter
beträchtlichen Orientierungsproblemen litt. Mental überdurchschnittlich
empfänglich hingegen, konnten im weiteren Verlauf des Tages bei ihm noch im
fernen Enten-(Riddags-)hausen deutliche Nachwirkungen der Hypnose
beobachtet werden.
Eine dreiköpfige Fußgängergruppe geriet auf dem immerhin über 200 Meter
langen Weg vom Burgplatz zum Schauplatz des Geschehens, möglicherweise
unter dem Einfluss der umliegenden Konsumtempel, auf Abwege, verschwand
zunächst minutenlang in der Menge, um dann doch wieder wie Phönix aus der
Asche aufzutauchen. Nach dieser Verzögerung gelang dennoch eine überaus
reife darstellerische und sportliche Leistung. Ob für Tick, Trick oder
Track kein Australien-Ticket erworben wurde, blieb indes ungeklärt.
Ein Gelehrter aus dem Hessischen bewies fundierte Textkenntnis und wusste
als einziger zum Ausdruck zu bringen, dass ihm vor der ihm nicht vertrauten
Hypnose keineswegs bange sei (und dies sogar noch fremdsprachlich).
Folgerichtig begab er sich, bitte sehr, in die Gewalt Professor
Piepenströms, um diesem alsbald schwer heimwehkrank blitzschnell
davonzuspringen und die Wirkungen der Hypnose bravourös auszuleben.
Eine südeuropäische Donaldistin wusste das Känguruh insbesondere überaus
anmutig und geradezu rührend zu verkörpern. Auch hier musste der Professor
erst energisch zu seinem Enthypnotisiergerät greifen, um das Tier, ich
meine, die Dame wieder in unsere Welt zurückzuholen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Sendung als grosser Erfolg
der Entenhausener Rundfunkgeschichte bezeichnet werden kann. Die Sendereihe
"Mit dem Bürger auf du und du!" wird in jedem Fall fortgesetzt werden.
Nicht zuletzt dürfte dies auch dem wirtschaftlichen Erfolg zu schulden
sein: Während keinem Freiwilligen dank der Auslöschung seines bisherigen
Seins die zunächst ausgelobte Prämie von 10 Talern ausbezahlt werden
musste, wurden im Partner-Reisebüro zahlreiche Tickets verkauft. Soweit
deren Bezahlung bis dato noch nicht erfolgt ist, kommt demnächst wohl ein
Mahnlauf auf die neugewonnenen Kunden des Karstadt-Konzerns zu.
Am Rande notiert seien noch einige Ereignisse während der Rundfunkübertragung:
Schon nach dem ersten Durchlauf trat eine Apothekenangestellte, womöglich
gar die Inhaberin des Etablissements höchstpersönlich, mit der Bitte an den
Rundfunkmoderator heran, doch bitte die Verstärkeranlage ausgeschaltet
zulassen. Ehe sie darüber aufgeklärt werden konnte, dass hier nur mit
natürlicher Stimmgewalt operiert wurde, war die Dame auch schon wieder
verschwunden und ließ sich fortan erfreulicherweise nicht mehr blicken.
Der begeisterte Dokumentar- und Tierfilmer Yogi, der praktisch alle
Spielszenen für die Nachwelt festhielt, erlebte nach kurzer Zeit ein
seltenes elektrisches Phänomen, das es noch zu erforschen gilt: Der
Akkumulator der Wackerhagensche Nostalgiekamera hatte sich eingedenk der
gewaltigen Ausdruckskraft der registrierten Bilder, möglicherweise auch
aufgrund der Fernwirkung der konzentrierten Hypnoseblicke, schon nach
kurzer Zeit vollständig entladen. Glücklicherweise hatte Yogi ein
Ersatzgerät bei der Hand und konnte seine Arbeit tadellos fortsetzen.
Professor Piepenström schließlich verschätzte sich trotz seiner
intellektuellen Brillanz bezüglich des zeitlichen Abstandes, in dem die
Kandidaten sich am Ort der Rundfunkübertragung einfinden würden. Kaum dass
er begonnen hatte, gelangweilt ein wenig in der Gegend herumzustreifen, um
vielleicht ein frisches Brötchen bei der Bäckerei Bullerjahn zu erwerben,
kam zum Entsetzen des alleingelassenen Moderators auch schon die nächste
Gruppe in Sichtweite. Glücklicherweise mussten die "Mitgestalter des
Programms" nicht allzu lange warten, bis der Professor vom aufgeregten
Moderator wieder seiner eigentlichen Aufgabe zugeführt war.
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